So heißt eine Serie, in der wir Menschen vorstellen, die beruflich oder privat ausgesprochen eng mit dem weißen Metier verbunden sind. Heute: Peter Holzner, Sportshop-Betreiber in Obertauern im Salzburger Land.
DER SKIVERLEIHER
Von Jupp Suttner
Der Skiverleiher besitzt selbst nur 1 Paar Ski. In zwei Metern Länge. Damit benötigt er für die rote Abfahrt Gamsleiten 1 hinab genau einen Schwung. „Aber bei da Zwoara“, sagt er und meint damit die tiefschwarze Gamsleiten 2, „brauch’ i zwoa.“
Nicht etwa, dass der Skiverleiher damit angeben wollen würde, wie wahnsinnig schnell er auf Brettern unterwegs sein kann. Aber die Angelegenheit verhält sich einfach so: Er ist an dieser Piste aufgewachsen. Es ist SEIN Revier. „Mein Vater war dreißig Jahre lang Betriebsleiter der Gamsleitenbahn“. Peter Holzner (49) deutet auf ein Haus am Berg: „Das war das unsere.“
Skifahren war das sozusagen Kinderleben des gelernten Einzelhandelskaufmanns. Heute fährt er nicht mehr so viel. „Fast nur noch, wenn schön Wetter ist.“ Weil: „Bei schönem Wetter sind alle Leute auf der Piste. Da ist in unseren Läden nicht so viel los. Da kann ich dann auch ’raus.“
Die Läden sind sechs Sportshops- und Skiverleih-Betriebe in Obertauern sowie zwei weitere auf der Turracher Höhe. „Ich manage alle acht.“ Mit Unterstützung der Familie: Bruder Mike werkelt auf der Turracher Höhe, Schwager Hermann bildet „meine linke und meine rechte Hand“, Schwester Ilse besorgt die Buchhaltung und Neffe Florian „ist der Lehrling“. Der Hermann und er, sagt der Peter, „haben das vor 24 Jahren aufgebaut“. Damals: 60 qm, 1 Laden. Heute: Wir wissen es.
Der berühmteste der acht ist die SKIWORLD – ein Skiverleih mitten im Ort, Römerstraße 69, weil hier die Römer mal durch zogen. Heute ist das die Bundestraße 99, von Freaks Route NintyNine genannt. Von Motorrad-Freaks. Denn die lieben die Route 99 und es gilt als Sommerpflicht eines jeden Obertauernwinterurlaubers, der zu Hause eine Maschine stehen hat, mit jener diesen Tauernpass zu befahren – um beim Skiverleiher einen Zwischenstopp ein zu legen. Für einen Espresso auf der Sonnenterrasse vor dem Laden.
„In den achtziger Jahren“, erinnert sich Peter Holzner, „lag in Obertauern das Verhältnis Leihski/Verkaufte Ski bei etwa 50:50. Heute liegt es bei 90:10.“ Die Gründe des Booms sind bekannt: Keine Gepäckschlepperei bei der Anreise. Keine Anschaffungskosten. Bei Nichtgefallen Umtauschen. Perfekt präparierte Latten. Und so weiter. Und so wird es auch weiter gehen, denn:
„Das Leben wird immer schneller“, weiß Holzner. „Jedes Handy und jeder PC wird schneller. Also wird auch der Skiverleih immer schneller. Und das ist wichtig – denn die Urlaube werden auch immer schneller“. Vielfach nur noch ein 4- statt wie früher ein 7-Tage-Trip. Holzners Handy ertönt nun – mit dem Ton der eigenen Harley, bei der gerade Gas gegeben wird. Immer schneller – Gas geben auch beim Telefonieren.
Peter Holzner, der Einheimische, liebt an seinem Obertauern, „dass es eine kleine Gemeinschaft ist. In der Jeder Jeden kennt.“ Und er liebt es, „dass die Landschaft sich durch die Höhenlage von der übrigen Region abhebt. Und dass Obertauern eine ganz spezielle Eigenheit besitzt: eine Schneeschüssel zu sein.“ In der „die Anordnung der Lifte so gut ist, dass man von jeder Bergbahn von oben herab sieht, wo man gerade ist.“
Peter Holzner ist derart begeistert von seinem Ort, dass er als Werbe-Testimonial des Fremdenverkehrsamtes eingesetzt werden könnte. Wenn er nicht auch ungeniert von sich geben würde, was ihm weniger gut an Obertauern gefällt: „Der Schmutz im Winter auf der Bundesstraße. Die wird gesalzen ohne Ende und es spritzt dadurch und sieht einfach unschön aus.“ Route DirtyNine.
Und weil er gerade in Fahrt ist, breitet er auch seine Gedanken über das Negative seines Jobs aus: „Das Mitarbeiter-Problem. Wir kriegen zu wenig Saisonarbeiter. Das bremst die Tourismus-Orte am stärksten und da ist der Staat gefordert. Bei dem einen heißt es bei der Vermittlung ,Der ist überqualifiziert’ und beim nächsten ,Der ist unterqualifiziert’.“
Das Schönste wiederum an seinem Beruf: „Dass wir extrem viele Stammgäste haben und wir uns schon immer darauf freuen, wenn sie wieder kommen. Viele bringen uns sogar Geschenke mit! Da ist ein Urvertrauen da bei ihnen, dass wir es beim Verleih ehrlich mit ihnen meinen. Die träumen den ganzen Sommer über schon vom Winter, sagen sie uns immer.“
Manche haben dann bei der Anreise Stau, brauchen Schneeketten, fühlen sich an der Hotelrezeption ihrer Meinung nach entschieden zu lange in der Eincheck-Schlange gefangen – und kommen dann zum Skiverleiher. „Wir sehen sofort“, sagt Peter Holzner, „wenn einer hektisch ist, mit den Kindern ’rum schupft und die Frau an zischt – den holen wir sofort aus der Gruppe und behandeln ihn extra. Denn sobald er sich korrekt behandelt fühlt, fühlt er sich stressfrei.“ Bei welchem Psycho-Verkaufs-Seminar er das gelernt habe? „Das ist einfach Lebenserfahrung. Man muss ja nur von sich selbst ausgehen.“
Neben der Lebens- existiert auch noch eine geographische Erfahrung: „Auf der Piste gibt es bei uns null Steine. Auf der Straße schon. Und in Obertauern fahren die Leute gern auf der Straße.“ Mit den Skiern. „Oder sie fahren bei der Lürzeralm ’runter. Da gibt es einen Kanaldeckel und wir wissen anhand eines unverkennbaren Kratzers sofort, wenn wir den Ski checken, dass er da drüber gebrettert ist.“. So seien sie eben, „die Street Racer“, deren Anteil an der Skifamilie „etwa 1 Promille“ beträgt.
Und natürlich würden oftmals Ski untereinander vertauscht und wenn dies zudem während gewisser Wochen, „in denen sich Experten zum Trinken treffen“, passiere – dann sei Koordination erforderlich. „Die Polizei und wir arbeiten dann gerne zusammen, damit alle Teile wieder zueinander finden.“
EINE Gefahr hingegen besteht nie: Dass jemand versehentlich in Holzners 2-m-Ski steigt. Denn damit würde er nicht 2 Schwünge für die Gamsleiten-2er und nur einen Schwung für die 1er benötigen – sondern keinen einzigen Schwung zusammen bringen.
Denn die Ski des Skiverleihers beherrscht nur der Skiverleiher.
Infos: www.obertauern.com